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Abwärtstrend am Kryptomarkt: Alte Mythen aufgeben, neue Pläne schmieden

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Chaotische Zeiten am Kryptomarkt: Der Zusammenbruch der Kryptomärkte hat merkliche Spuren bei Kryptounternehmen hinterlassen. Das Interesse traditioneller Banken und Vermögensverwalter an der Entwicklung kryptobasierter Produkte und Dienstleistungen ist gedämpft. Sollten sich die etablierten Institutionen von digitalen Währungen fernhalten – oder aber den Marktrückgang nutzen, um den Einstieg vor dem nächsten Krypto-Frühling vorzubereiten?

Der frühe Vogel fängt den Wurm. Eine Weisheit, die zumindest durch den jüngsten Kurssturz bei Kryptowährungen bestätigt wird: Diejenigen, die erst spät in Kryptowährungen investiert haben, mussten einen erheblichen Wertverlust ihrer Anlagen hinnehmen.

Das extremste Beispiel stellt sicherlich das Terra-Luna-Ökosystem dar, das jüngst den totalen Crash erlebte. Die aktuellen Entwicklungen tragen insbesondere zur Entmystifizierung dreier Annahmen bei und stellen so die bisherigen Überzeugungen von Krypto-Befürwortern in Frage:

  • Mythos #1: Krypto ist inflationsresistent 

Ein Grund für die Allokation von Vermögenswerten in Kryptowährungen war bislang immer, dass Letztere bei steigender Inflation an Wert gewinnen und somit eine natürliche Absicherung darstellen. Doch als die EZB und andere Zentralbanken die Zinsen langsam erhöhten, um die steigende Inflation einzudämmen, entwickelten sich die Kryptopreise in die entgegengesetzte Richtung.

  • Mythos #2: Krypto ist DeFi 

Der Begriff „Decentralized Finance“ („DeFi“) beschreibt, dass Finanztransaktionen direkt zwischen Endteilnehmern und damit ohne die Intervention traditioneller Vermittler wie zum Beispiel Banken durchgeführt werden können. 

Jüngste Forschungen haben jedoch unbeabsichtigte zentrale Kontrollinstanzen („unintended centralities“) in Kryptomärkten aufgedeckt, bei denen das beobachtete Verhalten von der Theorie abweicht. So fällt etwa bei einigen Kryptowährungen der Großteil der Krypto-Mining-Aktivitäten und des Handelsvolumens auf relativ wenige Akteure.

  • Mythos #3: Krypto ist anonym

Einer der vermeintlichen und bis dato stets hochgehaltenen Unterschiede zwischen Krypto- und herkömmlichen Währungen: Die Identität von Käufern und Verkäufern bleibt geheim. Weder private Einrichtungen noch Regierungen können eine Transaktion aufschlüsseln.

Doch dieselbe Untersuchung, die die Existenz zentraler Kontrollinstanzen beleuchtete, wies auch darauf hin, dass Käufer und Verkäufer von Kryptowährungen zurückverfolgt werden können. Die Richtigstellung von Annahmen wie dieser ist begrüßenswert, da die anteilige Aufhebung der angepriesenen Krypto-Anonymität tatsächlich einige regulatorische Bedenken wie die Geldwäschebekämpfung ausräumen könnte.

Bedeutet das Geraderücken dieser Mythen nun, dass alteingesessene Banken ihre Kryptopläne aufgeben oder Krypto als ein Phänomen behandeln sollten, das seinen Höhepunkt bereits überschritten hat? Unsere Antwort darauf lautet „Nein!“

Folgend untersuchen wir die vielen Chancen, die sich inmitten der aktuellen Marktturbulenzen bieten:

Warum sich Banken Krypto zu eigen machen sollten

Kryptowährungen gewinnen rasant an Reichweite: Über 300 Millionen Menschen rund um den Globus nutzen Kryptowährungen. Die weltweit beliebteste Krypto-Wallet Blockchain hat mehr als 84 Millionen Krypto-Wallets erstellt, mit denen Kunden Kryptowährungen kaufen, verkaufen und verdienen können. Die Zahl der Wallets wird aller Voraussicht nach weiter rasant ansteigen, solange kein flächendeckendes regulatorisches Verbot, wie etwa seit 2021 in China, eintritt. Neben Kryptowährungen wird auch digitales Zentralbankgeld zeitnah stark an Bedeutung gewinnen: Der Internationale Währungsfonds schätzt, dass derzeit etwa 100 Länder die Ausgabe einer eigenen digitalen Zentralbankwährung (CBDC) prüfen.

Das wiederum wird die Nachfrage nach Wallets für digitale Währungen ankurbeln, da Menschen einen Ort brauchen, um diese zu speichern. Selbst wenn native Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum volatil bleiben und daher nur für ein begrenztes Segment von Nutzern attraktiv sind, bieten von Zentralbanken unterstützte digitale Währungen sowohl den Kryptokomfort als auch Stabilität.

Banken partizipieren bislang wirtschaftlich kaum: Laut unseren Schätzungen liegen 1 bis 2 Billionen US-Dollar noch immer außerhalb des Bankensystems in Kryptowährungen. Der kollektive Verlust an potenziellen Gebühren- und Spread-Einnahmen für das globale Bankensystem geht Experteneinschätzungen zufolge in die Milliarden. Krypto-Wallets könnten zudem Banken in der Wertschöpfungskette des Zahlungsverkehrs zurückdrängen und so ebenfalls für milliardenschwere Einnahmeverluste sorgen.

Zur Veranschaulichung: Bei einer Krypto-zu-Krypto-Zahlungsvereinbarung tätigt ein Kunde Zahlungen direkt mit einem Händler über eine Krypto-Wallet, anstatt eine von einer Bank ausgegebene Kredit- oder Debitkarte zu verwenden. Ähnlich dazu gehen bei einer Krypto-zu-Fiat-Zahlungsvereinbarung Zahlungsnetzwerkunternehmen wie Visa und Mastercard eine Partnerschaft mit einer Krypto-Wallet ein, um Kryptokarten auszugeben. Diese ermöglichen es Karteninhabern, mit Kryptowährungen zu bezahlen. Dabei werden Zahlungen in eine Fiat-Währung umgewandelt, die der Händler akzeptiert.

In beiden Szenarien laufen Banken Gefahr, Anteile an der Wertschöpfungskette im Zahlungsverkehr zu verlieren. Das Wachstum kryptobasierter Zahlungen kann somit leicht mehrere Milliarden Dollar an Einnahmen gefährden, die sich aus entgangenen Interbankenentgelten und Einnahmen aus revolvierenden Guthaben ergeben.

Bankkunden fragen vermehrt Krypto als Anlageklasse nach: Zu guter Letzt – und entgegen den volatilen Marktbedingungen – erwarten Wertpapierkunden von ihren Banken zunehmend, dass sie Investitionen in Kryptowährungen und dazugehörige Beratungsdienste anbieten.

Zahlreiche Krypto-Broker haben diese Gelegenheit bereits erkannt und Abteilungen eingerichtet, um vermögende Privatkunden bedienen zu können. So bietet Coinbase Private Client einen High-Touch-Service, personalisierte Strategien und Zugang zu institutionellem Research. In ähnlicher Weise verspricht die Privatkundeneinheit des Bitcoin-Brokers River Financial’s, vermögende Privatpersonen dabei zu unterstützen, Bitcoin in ihr Anlageportfolio aufzunehmen. Zweifellos wird der Marktabschwung den Enthusiasmus der Anleger für diese Angebote dämpfen, doch der langfristige Trend in der Vermögensverwaltung bildet ein starkes Gegengewicht.

Die nächsten Schritte Richtung Krypto-Erfolg

Wie aber nun sollten Banken und Vermögensverwalter auf die Nachfrage nach kryptobasierten Bank- und Anlagedienstleistungen in einem krisengeprägten Umfeld reagieren?

Zunächst gilt es Wege zu finden, wie Kryptowährungen ungeachtet gegenwärtiger Schlagzeilen über volatile Marktbedingungen zum Mainstream werden können. Im Zuge dessen sollten Banken prüfen, inwieweit ihr derzeitiges Portfolio an Anlagedienstleistungen – einschließlich Wallets, Krediten, Debit- und Kreditkarten – Möglichkeiten für kryptobasierte Äquivalente oder sogar ganz neue Produkte bieten könnte.  

Präferenzen und Bedürfnisse von hochwertigen Kundensegmenten, die durch Krypto-Alternativen möglicherweise besser bedient werden können, sollten in diesem Prozess unbedingt berücksichtigt werden. Zu diesen Überlegungen gehört auch, ob Angebote an staatlich gestützte oder private Kryptowährungen gekoppelt werden sollten und ob die Anforderungen an Technologie, Infrastruktur und Vertrieb besser intern oder durch strategische Partnerschaften erfüllt werden können.

Im Bereich der Vermögensverwaltung sollten die etablierten Akteure überlegen, welche Rolle kryptobasierte Angebote in ihren Asset Management Services spielen und wie neue Angebote aussehen könnten. Was Kryptowährungen im Hinblick auf die Entwicklung neuer Anlagedienstleistungen ermöglichen:

  1. Diskretionäre Mandate: Maßgeschneiderte Kryptoportfolios, die an die individuellen Risiko- und Ertragspräferenzen der Anleger angepasst sind
  2. Aktiv verwaltete Fonds: Kryptoportfolios, die darauf ausgelegt sind, den gesamten Kryptomarkt zu übertreffen (Erzielen von Alpha-Renditen)
  3. Indexfonds: Marktgewichtete Kryptoportfolios, die den gesamten Kryptomarkt abbilden
  4. Einzelne Kryptowährungen: Long- und Short-Exposure in bestimmten Tokens oder Derivaten
  5. Tokenisierung von illiquiden Vermögenswerten: Umwandlung von schwer handelbaren Vermögenswerten in bankfähige Tokens zur Erleichterung des Vermögenstransfers oder zur Schaffung von Liquidität (z. B. ein Immobilienportfolio)

Bei jeder dieser Optionen müssen die Vermögensverwalter mehrere Aspekte berücksichtigen. So gilt es für sie beispielsweise abzuwägen, ob ihre Kundenpräferenzen und ihre eigenen Lieferkapazitäten besser für die Herstellung oder aber den Vertrieb geeignet sind. Sie müssen die Bandbreite der Krypto-Assets verstehen, die sie bereit sind, in ihr Wertangebot aufzunehmen. Da es sich um einen noch in der Entwicklung befindlichen Markt handelt, müssen sie außerdem die Risiken der Gegenparteien bewerten und verwalten, um so ein sicheres Handeln und Verwahren der Vermögenswerte sicherzustellen.

Sichere Angebote und Krypto-Regulierung

Das sichere Anbieten von kryptobasierten Angeboten wirft jedoch weitere Fragen auf, so etwa:

  • Wie sollen traditionelle Banken und Vermögensverwalter mit der Volatilität der Kryptomärkte umgehen bzw. können sie Ansätze und Instrumente entwickeln, um diese Volatilität zu bewältigen?
  • In Anbetracht der Tatsache, dass die Akzeptanz von Kryptowährungen in einigen Anlegersegmenten weit vor den etablierten Finanzinstituten liegt, stellt sich die Frage, wie traditionelle Vermögensverwalter davon überzeugt werden können, dass die Erkundung neuer Krypto-Möglichkeiten lohnenswert ist.

Die Regulierung von Kryptowährungen wird daher für Banken und Vermögensverwalter ein kritisches Thema sein. Marktturbulenzen führen häufig zu einer deutlich stärkeren Regulierung. Die meisten großen Märkte rund um den Globus evaluieren derzeit strengere Standards für Kryptobörsen, Initial Coin Offerings und den Schutz von Kleinanlegern.

So handelt es sich beispielsweise bei der Schweiz und Singapur um globale Finanzzentren, die die Regulierung verschärft haben, während sie weiterhin Platz für digitale Vermögenswerte schaffen. Die Bandbreite der Krypto-Optionen, die den Finanzinstituten offensteht, wird in starker Abhängigkeit zur lokalen Marktregulierung stehen.

Fazit: Mit neuer Stärke aus dem Krypto-Winter hervorgehen

Es kann nur darüber spekuliert werden, wie lange der Krypto-Bärenmarkt andauern wird. Doch ein Blick in die Geschichte verrät: Der Grundstein für große Erfolge kann auch dann gelegt werden, wenn die Bedingungen unwirtlich erscheinen. So schuf im Jahr 1975, während eines langanhaltenden Bärenmarktes, ein damals wenig bekannter Investor namens John Bogle zusammen mit zwei Analysten eine neue Anlageklasse. Ihre Kreation, der Indexfonds, wurde zur erfolgreichsten Innovation in der Vermögensverwaltung, und ihr Unternehmen, Vanguard, wurde zu einem der größten Vermögensverwalter der Welt. 

Auch wenn die Fokussierung auf Krypto aktuell kontraintuitiv erscheinen mag, kommt Banken eine einzigartige Chance zuteil. Im Gegensatz zu den geschwächten Krypto-Konkurrenten sind Banken stabil und gut kapitalisiert. Krypto-Talente sind jetzt leichter verfügbar und Krypto-Unternehmen offen für Partnerschaften. Während einige wenige Mainstream-Banken und Vermögensverwalter Krypto-Alternativen anbieten, besteht im Allgemeinen noch reichlich Raum zur geschäftlichen Entfaltung. Diesen sollten Banken und Vermögensverwalter nutzen, um eigenständige, differenzierte und profitable Angebote auf den Markt zu bringen. 


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