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Amazon erobert den Großhandel: Wie sich Großhändler gegen Pure Player durchsetzen können

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Wenn dem Mittelsmann die Luft ausgeht: Digitale Player werden auch im Großhandel immer präsenter und nehmen vermehrt den Platz traditioneller Zwischenhändler ein. Günstige Preise locken Kunden zum Kauf – und bedrohen damit die Margen der klassischen Großhändler. Wie kann der Großhandelssektor reagieren?

Für den Großhandel hat sich das Marktumfeld in den letzten Jahren stark verändert. Immer mehr Online Pure Player dringen in den Markt und schöpfen Anteile ab. Dabei blicken Großhändler nicht nur auf sinkende Marktanteile – auch die Margen geraten durch die aggressive Preispolitik und gestiegene Preistransparenz seitens Amazon Business, Mercateo, Autodoc & Co. unter Druck.

Der Digital Player als einzige Verbindung zwischen Hersteller und Endabnehmer – für Großhändler ein enormes Risiko. Wie können Sie sich gegen „Online Pure“ erfolgreich durchsetzen? Wir erläutern, welche Maßnahmen Sie ergreifen sollten, um auch in Zukunft ein attraktiver Handelspartner zu sein:

Basis-Maßnahmen: Entwickeln Sie Ihr eigenes E-Commerce-Geschäft

Online Pure Player glänzen meist durch einen ausgefeilten E-Commerce-Auftritt und stellen Kunden in den Mittelpunkt. Allein durch Usability, schlankere Prozesse und das bequeme Online-Kauferlebnis vom Sofa aus gewinnen Digital Player Marktanteile hinzu.

Für Sie als klassischer Großhändler bedeutet das zunächst: Gehen Sie online! Digitalisierung ist für den Großhandel unumgänglich geworden. Investieren Sie in E-Commerce und entwickeln Sie eine digitale Verkaufsstrategie. Nehmen Sie dabei unbedingt eine Omni-Kanal-Sicht ein, in der der Online-Kanal integriert ist. Doch: Ein gut ausgearbeiteter Fahrplan allein ist nicht genug. So braucht jede Strategie jemanden, der sie umsetzt. Berücksichtigen Sie daher auch den Ausbau Ihres Teams sowie neuer, notwendiger Fähigkeiten, um Ihr Channel-System optimal zu managen.

Dass es sich zudem lohnen kann, auch eine eigene Online-Plattform ins Leben zu rufen, zeigt das Beispiel Conrad Electronic:

Der Distributor Conrad Electronic, früher in erster Linie als Einzelhändler für Elektrotechnik bekannt, setzt inzwischen ganz auf die Transformation zu „Europas führender B2B-Beschaffungsplattform“. Mit seinem Online-Marktplatz bringt Conrad Electronic B2B-Kunden und Lieferanten täglich auf einer gemeinsamen Plattform zusammen. Der Marktplatz bietet eine einfach zu bedienende, transparente Online-Einkaufsoption und verändert damit die Art und Weise, wie Firmen ihre Elektronikbedarfe beschaffen.

Mit Legen des digitalen Grundsteins ebnen Sie gleichzeitig den Weg Richtung kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen.

Kurzfristige Maßnahmen: Differenzieren Sie Ihre Preise und testen Sie neue Preismodelle

Pure Player treten meist mit aggressivem Pricing auf, gekennzeichnet durch hohe Preistransparenz, dynamische Preise und regelmäßige Promotions. Aber: Wegen des offenen Shops können sie Preise nicht zwischen Kunden differenzieren. Genau hier sollten Sie ansetzen.

Verbessern Sie zunächst Ihre Preisintelligenz durch Crawling. Behalten Sie dazu die Preise von Wettbewerbern und Konkurrenzprodukten immer im Blick, um auf mögliche Änderungen sofort reagieren zu können. Stellen Sie sich im Zuge dessen Fragen wie: Was sind Imageprodukte? Welcher Wettbewerber bepreist diese wie? Gibt es Preisnachlässe, Rabatte oder Sonderaktionen bei der Konkurrenz?

An dieser Stelle schließt sich unmittelbar die Definition Ihrer Preispositionierung an. Hier gilt es für Sie festzulegen, welchen Platz der Preis Ihrer Produkte im Bewusstsein Ihrer Kunden idealerweise einnehmen soll. Eng damit verwoben ist die Value-Kommunikation, die insbesondere bei höherpreisigen Produkten zum Tragen kommt. Versuchen Sie die Vorteile, die Ihre Produkte und Services von anderen abheben, glaubhaft in Geldwerten zu kommunizieren.

Passen Sie außerdem Ihr Preismodell an. Vergleichbarkeit von Angeboten setzt in der Regel eine Preisspirale nach unten in Gang und verursacht Probleme auf der Ertragsseite. Brechen Sie aus der Vergleichbarkeit auf Basis von „Preis je Produkt“ aus und versuchen Sie über Rabatte, Boni und Services Preise zu stärker differenzieren und gleichzeitig den Kunden enger an sich zu binden. Nutzen Sie außerdem Daten, die Ihnen aus (digitalen) Kundeninteraktionen zur Verfügung stehen, um Preise festzulegen bzw. im Abgleich von Angebot und Nachfrage in bestimmten Zeitintervallen dynamisch anzupassen.

Die Anpassung Ihres Preismodells sollte Hand in Hand mit der systematischen Differenzierung Ihrer Preise gehen. Preisdifferenzierung betrifft dabei sowohl Ihre Produkte als auch Ihre Kunden. So empfiehlt es sich, Imageprodukte mit wettbewerbsfähigen Preisen zu versehen, während Sie durch höhere Bepreisung von Nischenprodukten wiederum höhere Margen erzielen können. Überlegen Sie, ob Sie ein Low-service-low-cost-Angebot für sehr preissensible Kunden schaffen, um genau für diese Kundschaft Ihre Optionen gegenüber Amazon attraktiver zu machen.

Mittel- und langfristige Maßnahmen: Schaffen Sie echten Mehrwert

Differenzieren Sie Ihr Produktangebot

Online Pure Player bieten in der Regel nur ein ausgewähltes Portfolio an, das sich durch wenig erklärungsbedürftige Produkte, unkomplizierte Transportbedingungen und hohe Margen auszeichnet.

Durch eine strategische Ausarbeitung Ihres Portfolios ergibt sich hier Ihre Chance. Bieten Sie entweder ein sehr breites (One-Stop-Shop bzw. Vollsortiment) oder aber ein sehr spezielles Produktportfolio (USP-Produkte) an, um Kopierbarkeit zu erschweren. Letzteres setzt unter anderem GRANIT Fricke um:

GRANIT Fricke setzt auf hohe Differenzierung vor allem durch Eigenmarken. Der Großhändler für Ersatzteile und Zubehör im Agrarsektor verkauft als Vollsortimenter neben den gängigen Fremdmarken rund 60 Prozent seines Umsatzes über Eigenmarken. Damit konnte sich GRANIT Fricke gegen Amazon etablieren und Marktanteile ausbauen.

Bieten und kommunizieren Sie Value Added Services

Eines der entscheidenden Mankos von Pure Playern: Sie stellen kaum Zusatzservices bereit. Bestellungen per Telefon oder Beratung per E-Mail können – und wollen – Amazon & Co. nicht.

Machen Sie sich diesen Umstand zunutze und punkten Sie zum einen durch Customer Support per traditionellem Vertrieb. Bieten Sie Ihren Kunden sowohl im Innen- als auch im Außendienst einen umfassenden (technischen) Service, vor allem für Key Accounts sowie A-Kunden. Auch das Angebot von Premium-Frachtoptionen liefert Ihnen Wettbewerbsvorteile. Heben Sie sich ab, indem sie beispielsweise Ihre Kunden selbst entscheiden lassen, wann sie ihre Bestellung in Empfang nehmen. Bieten Sie daher Services wie „Same Day Delivery“ oder aber die Lieferung zum Wunschtermin an. Berücksichtigen Sie außerdem die Erfüllung von Sonderwünschen, beispielsweise die Beschaffung von Spezialprodukten, die eigentlich nicht Teil Ihres Portfolios sind. Dieser Service bietet Ihrer Kundschaft echten Mehrwert – und Sie können diese „Nähe zum Kunden“ zusätzlich monetarisieren. Eine weitere Option, um Nähe auch geografisch herzustellen: Setzen Sie auf „Near me“-Marketing und schaffen Sie lokale Niederlassungen.

Verbessern Sie die Kundenbindung

Mit seinem Prime-Modell schafft Amazon langfristige Kundenbindung. So erhalten Kunden nach Abschluss einer gebührenpflichtigen Mitgliedschaft im Gegenzug eine Reihe von Vorteilen, etwa den Wegfall zusätzlicher Versandkosten.

Zeit für Sie, ein Gegenangebot auszuarbeiten! Entwickeln auch Sie loyale Kunden, indem Sie Partnermodelle einführen. So entstehen loyale Kundenbeziehungen und echte Partnerschaften, bei denen der Preis nur noch eine nachgelagerte Rolle spielt.

Fazit: Digitale Transformation jetzt anstoßen

E-Commerce ist fixer Bestandteil unseres Alltags und wird in Zukunft nur noch bedeutsamer, auch im B2B. Kurz: Online ist key! Online Pure Player breiten sich immer weiter aus und erobern die Märkte. Den Online-Kanal zu ignorieren, ist keine Option. Insbesondere in puncto Digitalisierung gilt: Besser gestern als heute. Stoßen Sie Ihre digitale Transformation unverzüglich an und gehen Sie den Weg der kontinuierlichen Optimierung. Online-Vertrieb ist kein Projekt mit starrem Ziel, sondern ein Prozess, der ständiges Testen und Lernen erfordert. Durchdachtes, datengestütztes Pricing, ein differenziertes Produktangebot, Value Added Services sowie Angebote zur Kundenbindung helfen Ihnen dabei, Ihre Marktanteile und Margen zu behaupten und sogar auszubauen. Werden auch Sie zum digitalen Champion!

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