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Profitabilität im OES-Vertrieb: 6 Erfolgsfaktoren für Autozulieferer

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Autozulieferer in Not: Strukturelle Veränderungen und neue Kundenwünsche stellen die Branche seit einiger Zeit vor große Herausforderungen. Die Auswirkungen der Covid-19-Krise sorgen für weitere Verluste. Jetzt heißt es, bisher unerschlossene Umsatzpotenziale zu heben, etwa nach der Serie im OES-Bereich (Original Equipment Supplier). Sechs Faktoren, mit denen das erfolgreich gelingt.

E-Mobilität, die Digitalisierung des Autos und autonomes Fahren – all das sorgt schon seit Jahren für sinkende Gewinne bei Autozulieferern. Die Covid-19-Pandemie und ihre Folgen verschlechtern die Situation zusätzlich: 2020 brachen die Umsätze der Branche im Vergleich zu 2019 global durchschnittlich um 15 bis 20 Prozent ein. Und auch 2021 versprich alles andere als einfach zu werden; insbesondere für Zulieferer, die stark die Verbrenner-Technologie und auf Absätze aus dem europäischen Raum angewiesen sind.

Sinkende Umsätze machen frischen Blick auf Profitquellen notwendig

Diese kritischen Entwicklungen stellen zahlreiche Unternehmen vor große Herausforderungen. Um diesen aktuellen Rahmenbedingungen jetzt Herr zu werden, hilft jetzt vor allem eins: Zulieferer müssen mehr denn je auf Profitabilität und Liquidität achten. Und dafür bisher unbeachtete Hebel bedienen. Einer davon befindet sich auch direkt in Reichweite: das Geschäft nach der Serien-Produktion im OES-Bereich. Hier können Zulieferer meist deutlich mehr erwirtschaften, als ihnen bewusst ist. Um die Profitabilität stark zu erhöhen, sind jedoch bestimmte Voraussetzungen nötig, allem voran der richtige Fokus auf dieses Vertriebsgebiet.

OES-Vertrieb: Was ist das?

Bei OES-Vertrieb geht es um den Verkauf von Original-Bauteilen an Automobilhersteller. Im Unterschied zum Serien-Vertrieb, bei dem es um die Akquise bzw. Betreuung von Kunden vor und während der Produktion eines Modells geht, beschäftigt sich der OES-Vertrieb mit der Zeit nach der Produktion, in der der Zulieferer nicht mehr an alle der während der Produktion vereinbarten Vertragskonditionen gebunden ist. In dieser Zeitspanne, in der Hersteller aufgrund von (gesetzlichen) Verpflichtungen ihren Endkunden gegenüber noch auf die Teile angewiesen sind, wegen stark verringerter Auftragsvolumen jedoch nicht mehr auf dieselben Preise pochen können, haben Zulieferern eine deutlich bessere Verhandlungsposition. Branchenvorreiter realisieren dann Preiserhöhungen von über 30 Prozent!

6 Erfolgsfaktoren für profitables OES

Als Experten für Monetarisierung, Vertrieb und Pricing und basierend auf unserer Projekt-Erfahrung im Zulieferer-Bereich konnten wir sechs entscheidende Faktoren destillieren, die für größere Umsätze mit Original Equipment Services sorgen. Im Detail:

Erfolgsfaktor 1: Bilden Sie ein dediziertes OES-Team!

Bei den meisten Zulieferern betreuen dieselben Vertriebsmitarbeiter, die für den Serien-Vertrieb verantwortlich sind, auch den OES-Bereich. Aus der Praxis wissen wir: Das ist nicht optimal. Die Vertriebsabteilungen legen den Fokus auf das Neugeschäft, bei dem es um wesentlich größere Auftragsvolumina geht, und der OES-Bereich wird „nebenbei“ abgefrühstückt. Hinzu kommt: Administrative Themen aus dem OES-Bereich, wie beispielswiese Abkündigungen und Re-Designs belasten das Verhältnis mit Kunden, bei denen der Zulieferer noch in der Produktion ist. Und danach sehen die Firmen oft von Preiserhöhungen ab, um bei der nächsten Ausschreibung erfolgreich zu sein. Diese Querverbindungen belasten also beide Bereiche, Serien- und OES-Vertrieb. Klüger ist es, ein eigenes OES-Vertriebsteam zu definieren, das die gesamte Kundenkommunikation und Koordination übernimmt, sobald ein Produkt das „End of Production“ (EOP) erreicht. Die Abteilung muss, wie eine übliche Business Unit, mit eigener Gewinn- und Verlustverantwortung ausgestattet sein, und entsprechende Handlungsautorität erhalten. Durch diese Organisation besteht auch aus Kundensicht eine konsequente Trennung zwischen OES- und Serien-Themen.

Erfolgsfaktor 2: Schaffen Sie Bewusstsein für Preispotenziale!

Während der Serienproduktion sind Zulieferer gewohnt, mit sehr kleinen Margen arbeiten zu müssen. Danach ist das nicht mehr notwendigerweise der Fall. Wenn Volumen dramatisch sinken und Kosten steigen, müssen Preise erhöht werden, um die Profitabilität zu erhalten. Hier sind die Bemühungen vieler Firmen nicht differenziert genug: Zulieferer sollten realisieren, dass sie jetzt eine deutlich bessere Verhandlungsposition haben und Preispotenzial heben. Sie müssen das jeweilige Produkt genau betrachten, die Wettbewerbssituation analysieren, herausfinden, bei welchen Teilen der OEM höhere Margen realisiert und wie lange bereits keine Bindung mehr an Serien-Preise besteht. Mit auf diese Art strukturierten Ansätzen, wie wir sie vorschlagen, gelingt es Zulieferern in ihren OES-Bereichen immer wieder, automatisierte Vorgänge zu implementieren, die das Preispotenzial auch für große Portfolios strukturiert und differenziert identifizieren und anschließend auch heben.

Erfolgsfaktor 3: Aktualisieren Sie Ihre Kostenrechnungen!

Die meisten Zulieferer berechnen die eigenen Kosten während der Serien-Produktion perfekt. Nach der Serie sieht dies jedoch oft anders aus: Häufig kalkuliert der Vertrieb auch nach EOP noch mit Kostenelementen, die auf Serien-Volumina basieren. Durch das erheblich niedrigere Auftragsvolumen zahlen Zulieferer in der Praxis oft drauf. Daher müssen sie unbedingt nach dem Ende der Serien-Produktion ihre Kostenrechnungen aktualisieren und so für die Transparenz sorgen, die für profitables Pricing nötig ist.

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Erfolgsfaktor 4: Erfassen Sie Vertragsdetails systematisch!

Bei Nominierung (d. h. Auftragserteilung) für eine Serie legen Zulieferer und Hersteller im Vertrag Details fest, die in Folge auch für den OES-Bereich relevant sind. Da diese in den meisten Fällen jedoch erst viele Jahre nach Unterzeichnung wichtig werden, müssen Autozulieferer besonders darauf achten, dass diese Informationen digital und zentral erfasst werden. Der OES-Vertrieb muss schnell und einfach etwa auf Preisbindungs- und Lieferverpflichtungen zugreifen können, um effizient und fehlerfrei zu arbeiten.

Erfolgsfaktor 5: Kreieren Sie Datentransparenz!

Damit auch ein schlankes OES-Vertriebsteam substantielle Erträge einfährt, ist eine verlässliche Datenbasis unumgänglich. Unsere Erfahrung zeigt, dass insbesondere ältere Datensätze zu Transaktionen mit Herstellern oft unvollständig oder gar nicht vorhanden sind. Das bedeutet, dass relevante Informationen, wie etwas das Datum des Produktionsendes, nur lückenhaft eingesehen werden können. Das macht es schwer, Verantwortlichkeiten im Unternehmen klar zu benennen. Und es verzögert zudem die Verhandlungen mit Kunden. Eine dynamische Datenbasis, die sich aus bestehenden Transaktionsdaten speist, ist dementsprechend ein wichtiger Erfolgsfaktor für Profitabilität im OES-Bereich. Wie entscheiden dieser Grundstein ist, konnten wir bereits in zahlreichen OES-Projekten erleben, in denen wir nicht nur die Grundlage für eine zukünftig saubere Datenbasis gelegt haben, sondern auch gemeinsam an der Aufbereitung der historischen Transaktionen gearbeitet haben.

Erfolgsfaktor 6: Sorgen Sie für effiziente Schnittstellenprozesse!

Egal, ob es um die Übergabe von Produktverantwortung aus der Serie zum OES-Bereich, den Umgang mit Veränderungen in der Geschäftsbeziehung mit Lieferanten, oder um Kosten- und Lieferinformationen aus dem Controlling geht: Der OES-Vertrieb interagiert mit zahlreichen Abteilungen im Unternehmen. Nur wenn die Verantwortlichkeiten klar und der Ablauf dieser Prozesse sauber dokumentiert ist, läuft das reibungslos. Das erleichtert dann nicht nur die Arbeit im OES-Vertriebsteam, sondern setzt auch Ressourcen frei, um sich ganz auf das Durchsetzen von Preiserhöhungen zu konzentrieren. Dadurch gelingt es unseren Kunden bereits mit kleinen Teams große Profitabilitäts-Sprünge zu realisieren.

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Fazit: Profitabler OES sorgt für höhere Margen und schnellen Cashflow

Den eigenen OES-Bereich profitabel zu machen, ist für viele Zulieferer derzeit keine Priorität. Sollte es aber: Nicht nur ist das ein Bereich, in dem Preispotenziale vergleichsweise einfach gehoben werden können. Auch sind nach EOP keine Investitionen mehr nötig, und Preiserhöhungen wirken sich direkt als unmittelbarer Cashflow aus. In schwierigen Zeiten wie diesen ist das viel wert. Was Zulieferer brauchen, um im OES-Bereich erfolgreich zu sein, ist ein dediziertes OES-Vertriebsteam, das Preispotenziale strukturiert erfasst und Preiserhöhungen unabhängig von anderen Vertriebsaktivitäten durchsetzt. Dafür muss es auf eine digitale Infrastruktur mit transparenter Daten- und Kostenbasis und Vertragsdetails zugreifen können. Effiziente Schnittstellenprozesse gegenüber dem Serien-Vertrieb, dem Einkauf sowie dem Controlling machen das mit überschaubaren Ressourcen möglich.

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