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Der Maestro-Exit: Neuausrichtung im Kartengeschäft

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Die gängige Vertriebslogik im Kartengeschäft erwies sich in den letzten Jahren als äußerst widerstandsfähig. Das Zwei-Kartenmodell – Girocard plus Kreditkarte – kommt mit dem Ende des Maestro-Bezahlverfahrens 2023 nun gehörig in Bewegung. Der größte Handlungsdruck lastet jetzt auf VR-Banken. Was es zu tun und zu beachten gilt – wir erläutern.

Direktbanken wie ING oder DKB setzen Visa-Debitkarten als neue Top-of-Wallet-Karte ein und bepreisen sowohl die reine Girocard als auch die Kreditkarte. Zahlreiche Sparkassen kündigen eine neue Co-Badge-Strategie bei ihren Sparkassen-Cards an und ersetzen Maestro mit MasterCard oder Visa im Debitsystem.

Insbesondere eine Art von Marktplayer muss jetzt Richtungsentscheidungen im Kartengeschäft treffen.

Wo liegt der größte Handlungsdruck?

Der größte Handlungsdruck betrifft in erster Linie VR-Banken mit Maestro-Karten. Hier müssen jetzt Kartenausstattungen vorbereitet werden, in Kenntnis des angekündigten Endes von Maestro 2023. Dabei gilt es, monatelange Vorläufe und Abhängigkeiten zur etablierten Kartenaustausch-Routine zu beachten. Verschärft wird der Handlungsdruck durch die laut Verbandsangaben notwendige Einholung der aktiven Kundenzustimmung aufgrund der BGH-Rechtsprechung zu Preis- und Leistungsveränderungen 2021. Folgt man dieser Empfehlung, entsteht ein Umstellungsprojekt, das vertriebs- und ertragsseitig unbedingt zu durchdenken ist.

VR-Banken mit V Pay sind dagegen nicht unmittelbar betroffen. Zurücklehnen wäre dennoch falsch, denn der Fortbestand von V Pay erscheint mindestens unsicher. Kundenerwartungen werden sich verschieben. Und wenn man Vorlaufzeiten für Kundenzustimmung und Kartenbestellung beachtet – dann sind Gestaltungsfragen der Zukunft jetzt zu klären, um Fehler wie doppelte Kundenzustimmungen oder Zusatzkosten durch nicht bedachte Kartenlaufzeiten zu vermeiden.

Girocard trifft Mastercard/Visa – sind Co-Badge-Karten die Zukunft?

Ab 2023 sind auch für VR-Banken neue Co-Badge-Karten angekündigt. Sie vereinen im Debitsystem die heutige Girocard- mit der Mastercard-/Visa-Funktionalität. Mit der dann verfügbaren Kreditkartennummer auf der Karte wird die Girocard insbesondere im E-Commerce erheblich aufgewertet. Aus Kundensicht erfüllt die Karte den Wunsch nach Einfachheit. Doppeltes Plastik und Detaildiskussionen zu Kartenakzeptanzstellen werden vermieden. Damit gibt es gute Gründe, die Girocard zu einer neuen Co-Badge-Karte aufzuwerten. Ein allzu pauschales Vorgehen ist dennoch gefährlich:

  1. Mit der Aufwertung der Girocard zur Co-Badge-Karte sind erhöhte Sachkosten für die Kartenfunktionalität und Kannibalisierungsrisiken der klassischen Kreditkarten verbunden. Der Aufwand zur Einholung der aktiven Kundenzustimmung ist enorm. Es ist Aufgabe des Preis- und Produktmanagements, hier gegenzusteuern und Ertragschancen zu bewerten.
     
  2. Es gibt Konstellationen, bei denen die Strategie der Kartenaufwertung einer genauen Überprüfung unterzogen werden sollte. Hierzu zählen wir insbesondere das Firmenkundengeschäft (Anreize für Firmenkreditkarte), Nebenkonten (erhöhte Kosten vermeiden) und insgesamt günstige Kontomodelle (Up-Selling-Chance analog zu den Direktbanken nutzen).

Wo liegen Erfolgsfaktoren im Pricing der neuen Co-Badge-Karten?

Im aktuellen Inflationsumfeld und der unterschiedlichen Ertragswirkung der Zinswende in den GuV der Banken sollten Pricingchancen nicht liegen gelassen werden. Insbesondere dann nicht, wenn Sie erstens kostenbasiert hergleitet werden können und zweitens den Kundennutzen erhöhen. Zudem entsteht durch die Notwendigkeit der aktiven Kundenzustimmung automatisch auch die Notwendigkeit eines Ansprache-Kontakts, der Gestaltungschancen bietet. Drei wesentliche Stoßrichtungen der Optimierung fassen wir auszugsweise zusammen:

1. Größeres Gesamtpaket schnüren:
Der Ansprache-Anlass „Karte“ kann genutzt werden, um weitere Zustimmung des Kunden einzuholen. Dabei müssen bankspezifisch verschiedene Themen überprüft werden, wie etwa die Aktualisierung des Preismodells im Zahlungsverkehr zur Generierung höherer Provisionserträge, Mitgliedschaftskampagnen zur Stärkung des Eigenkapitals oder die Zustimmung zur werblichen Datennutzung. Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Geschwindigkeit der Zustimmung nicht primär vom Umfang getrieben wird. Als wichtiger haben sich einfache Prozesse, klare Angebotsstrukturen und konsequentes Nachfassen erwiesen.

2. Direkte Kartenentgelte überprüfen:

Bei jüngeren Zielgruppen erfreut sich die Alternative rein digitaler Karten wachsender Beliebtheit. Gleichzeitig beobachten wir ein gesteigertes Preis-Leistungsbewusstsein der Kunden mit Blick auf physische Karten insbesondere unter dem Aspekt des recyclebaren Materials. Eine direkte Bepreisung der „Plastikkarten“ befindet sich vor diesem Hintergrund in Reichweite. Die Kernherausforderung liegt in der Kommunikation. Bei einem rollierenden Kartenaustausch werden Bestandskunden teilweise erst nach 3 Jahren die neue Funktionalität erhalten. Eine Bepreisung ist unserer Erfahrung nach daher nur dann erfolgreich, wenn sie als Teil eines größeren Gesamtpakets erfolgt.

3. Kannibalisierungsrisiko senken:
Durch die Aufwertung der Girocard besteht das Risiko der Kannibalisierung bestehender Kreditkarten und deren Bestandserträge. Im Sinne des Vorsichtsprinzips sollten Banken von einem Rückgang ausgehen – zumindest schleichend. Dennoch kann der Effekt durch Produktaufwertung der Kreditkarten und eine verbesserte Leistungskommunikation deutlich reduziert werden. Die Kreditkarte wird auch weiterhin relevant bleiben. Dabei sollten Banken die Chance des Up-Sellings in die Gold-Kreditkarte mit den höherwertigen Leistungen nicht ungenutzt lassen.

Fazit: Worauf kommt es jetzt an?

VR-Banken mit Maestro-Karten müssen sich jetzt vorbereiten – und auch Banken mit V Pay-Karten sollten sich nicht allzu lange in Sicherheit wiegen. Das Kartengeschäft befindet sich im Zeitenwandel. Im aktuellen Inflations- und Zinsunsicherheitsumfeld ist es wichtig, einmalige und laufende Kosten an den Kunden weiterzugeben. Dabei sollten Banken mit klarem Plan vorgehen. Die Chance, in der aktiven Zustimmung ein größeres Gesamtpaket zu schnüren und dabei hohe Mehrerträge zu generieren, sollte jetzt wahrgenommen werden.

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