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Neue Horizonte im Pricing von Firmenkundenkrediten

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Pricing von Firmenkundenkrediten

Der derzeitige Zinsanstieg fordert neue Strategien von Banken in ihren Modellen für Firmenkundenkredite. Marktführer verlieren ihre Stellung, doch der Wandel schafft auch viele neue Chancen. Die Umsetzung der EBA-Richtlinien zu Kreditvergabe und Überwachung stellt auch große Herausforderung im Umgang mit dem effektiven Kunden-Pricing dar. Unsere Banking-Experten geben Ratschläge, wie Banken ihr Kreditangebot neuaufstellen können. 

Der starke Zinsanstieg nach mehr als einem Jahrzehnt Niedrigzinsphase hat nicht nur auf der Passivseite eine neue Realität geschaffen. Auch im gewerblichen Kreditgeschäft und der Baufinanzierung findet derzeit eine Neuverteilung der Marktanteile und die Suche nach einem neuen Marktgleichgewicht statt. Es ist zu beobachten, dass manche Anbieter sich aufgrund der wieder vorhandenen attraktiven Möglichkeiten am Anleihemarkt ganz oder teilweise aus dem Kundenkreditgeschäft zurückziehen (z. B. trifft dies auf Versicherungen zu, die mangels langlaufender Anleihen mit Verzinsung in den letzten Jahren Baufinanzierungen gemacht haben). Weitere Anbieter, die bisher führend waren, haben aufgrund der stark gestiegenen Liquiditätskosten ihre Wettbewerbsfähigkeit zumindest teilweise verloren. Strategisch klug aufgestellte und mit einem starken Einlagengeschäft ausgestattete Regionalbanken sollten diese Gelegenheit unbedingt nutzen, um das eigene Preis- und Produktangebot zur Gewinnung von Marktanteilen von Grund auf zu überarbeiten.

Neue Marktperspektiven mit klaren Leitlinien für Firmenkundenkredite

Es haben sich insbesondere im Firmenkundenbereich Druckpunkte auf der Ertragsseite etabliert, welche eine aus volkswirtschaftlicher Sicht optimale Versorgung von Kreditfinanzierungen behindern:

Oft fehlt bei den Bankinstituten eine dokumentierte Preisstrategie mit entsprechenden Leitlinien. Dies führt dazu, dass die Preisgestaltung nicht konsistent aus der Gesamtstrategie der Bank abgeleitet wird. Ebenso fehlt es an einem systematischen Prozess zur Preisgestaltung, was zu isolierten Entscheidungen führt und die Wechselwirkungen zwischen Preis und Produktleistung vernachlässigt.

Des Weiteren erfolgt die Preisfindung hauptsächlich auf Kostenbasis und ist vorrangig im Controlling angesiedelt ist. Damit wir die Markt- und Kundensicht nicht systematisch in der Preisgestaltung abgebildet. Einzelne Preisbestandteile werden ad hoc angepasst, ohne eine ganzheitliche Betrachtung vorzunehmen. Zudem ist das Konditionenverzeichnis mit einer Vielzahl von Einzelkonditionen überladen, was Transparenz und Übersichtlichkeit für Kunden und Mitarbeitende beeinträchtigt.

Ein weiteres Handlungsfeld liegt in der Vergabe von Sonderkonditionen, die oft unsystematisch erfolgen und nicht regelmäßig überprüft werden. Inkonsistente Preisdifferenzierungen für verschiedene Zielgruppen und Vertriebswege führen nicht zu den erwünschten Wechselwirkungen. Darüber hinaus werden Preise nicht entsprechend den Elastizitäten und Kundenbedürfnisse angepasst, was ungewollte Querfinanzierungen im Bestand zur Folge hat.

Worauf es im Jahr 2024 ankommt

Das Geschäft, während der Niedrigzinsphase, war von einem harten Volumenwettbewerb geprägt. Die niedrigen Zinsen machten sehr viele Kunden infolge niedriger Annuitäten finanzierungsfähig und ein starkes Kreditwachstum stellte für viele Institute die einzige Möglichkeit dar, den in der Tendenz sinkenden Zinsüberschüssen entgegenzuwirken. Das Kreditgeschäft der Gegenwart und Zukunft wird hingegen wieder stärker die Marge in den Fokus nehmen müssen, um trotz eines insgesamt vermutlich niedrigeren Volumens gleiche bzw. höhere Erträge erwirtschaften zu können. 

Wer höhere Margen im Wettbewerb durchsetzen möchte, muss die Zahlungsbereitschaften der Kunden und die Wert- und Kostentreiber des eigenen Angebotes sehr gut kennen und das Angebot an der Customer Journey und dem Entscheidungsmuster der Kunden ausrichten. 

Dies ist nicht nur betriebswirtschaftlich sinnvoll, sondern wird inzwischen auch von der Aufsicht durch die immer noch junge und noch nicht in allen Instituten konsequent umgesetzte EBA-Guideline zur Kreditvergabe und Überwachung eingefordert. Dabei sollte auch zur Kenntnis genommen werden, dass mit dieser Vorschrift die BaFin erstmalig nicht nur in das Controlling und Risikomanagement der Institute eingreift, sondern auch klare Anforderungen an das Pricing formuliert. Gerade hier sehen wir noch großen Nachholbedarf, da nur wenige Institute im Kreditgeschäft über ein differenziertes Pricing verfügen und Kalkulation und Pricing, anders als von der Aufsicht gefordert und beschrieben, häufig durch die Anwendung eines „Cost-Plus-Ansatzes“ gleichgesetzt werden.

Um im aktuellen Wettbewerbsumfeld eine neue Wettbewerbsposition zu finden und dabei zu den Gewinnern zu zählen und gleichzeitig den Anforderungen der Aufsicht zu genügen, sind nun drei Dinge wesentlich:

1.    Überarbeitung der Kreditkalkulation: Die gesamte Kreditkalkulation gehört auf den Prüfstand. Nahezu alle Leistungs- und Kostenbestandteile bei Kreditprodukten sind direkt bzw. indirekt vom absoluten Zinsniveau und von der relativen Zinsstruktur abhängig. Die zur Bewertung herangezogenen Modelle sind dabei von der Aktualität herangezogener Bewertungsannahmen abhängig. Ebenso fanden in vielen Instituten innerhalb der Niedrigzinsphase auch Modellwechsel statt, da bewährte Modelle, gerade z.B. im Bereich der impliziten Optionen, nicht auf ein Umfeld mit negativen Zinsen übertragbar waren. Weiterhin zeigt sich, dass die während der Niedrigzinsphase etablierte aufsichtsrechtliche Forderung nach einem Liquiditätspreisverrechnungssystem nun reale Relevanz erhält. Die starke Ausdehnung der Liquiditätsaufschläge einerseits und der wieder aufkommende Einlagenwettbewerb bedingen, dass zunächst rein kalkulatorische und fiktive Liquiditätskosten schnell zu echten Kostenkomponenten werden können. Dabei gilt es zu klären, wie eine faire Verrechnung zwischen der Aktiv- und Passivseite gestaltet werden sollte, sodass auf beiden Seiten der Bilanz Wachstum ermöglicht wird. Der klare Zusammenhang ist hier, dass eine Preisuntergrenze im Kreditgeschäft gleichzeitig auch eine Preisobergrenze im Einlagengeschäft bedeutet.

2.    Modulares Preis- und Produktkonzept: Bei Verbrauchern und im gewerblichen Breitengeschäft bis ca. einer Million Euro Kreditvolumen geht die Aufsicht grundsätzlich von einem produktbezogenen Pricing auf Grundlage von aus Portfolioüberlegungen abgeleiteten Kostenkomponenten aus. Dies gibt Instituten die Chance, sich von einer aufwändigen Einzelfallkalkulation zu lösen und über modulare Preis- und Produktkonzepte unterschiedliche Kundengruppen gezielt zu adressieren. Hier können und sollten Institute von den großen Erfolgen des Provisionsgeschäftes der vergangenen zehn Jahre lernen, wo doch regelmäßig durch z.B. differenzierte und an Nutzertypen ausgerichtete Konto- und Depotmodelle zur Durchsetzung erheblich höherer Deckungsbeiträge geführt haben. Derartige Konzepte sind gegenwärtig im Kreditgeschäft noch wenig verbreitet. Wir empfehlen hier die Kraft der Selbstselektion (Preisdifferenzierung zweiten Grades) zu nutzen.

3.    Einsatz von Technologie im Großkundengeschäft: Bei Großkunden fordert die Aufsicht weiterhin eine Einzelfallbetrachtung und geht hinsichtlich der Preisfindung von einer individuellen Verhandlung (Preisdifferenzierung ersten Grades aus). Hier liegt das Margenpotenzial in der Verhandlungsstärke der einzelnen Mitarbeiter. Moderne Verfahren des Machine-Learning, welche in anderen Industrien bereits zur Verhandlungsunterstützung mit Großkunden mit Erfolg seit Jahren angewandt werden, stehen nunmehr durch größer werdende Datenmengen und erheblich gesunkener Kosten der Anwendung derartiger Technologien auch Banken zur Verfügung. So zeigen unsere Analysen in Projekten, dass auch im Großkundengeschäft die Margendurchsetzung sehr unterschiedlich ist und hier große Potenziale bestehen. Ansätze wie adaptives Peer-Pricing können hier dazu beitragen, bei der Verhandlung konkreter Engagements aus vergangenen Verhandlungen unmittelbar zu lernen.

Den Zinswandel nutzen, um sich im Firmenkundengeschäft zu behaupten

Trotz der derzeitigen Herausforderungen bietet das Firmenkundengeschäft zahlreiche Potenziale und Chancen für Banken. Durch eine gezielte Anpassung der Preisstrategien und Produktangebote können Banken ihre Wettbewerbsposition stärken und langfristige Kundenbeziehungen aufbauen. Zudem eröffnen Technologien wie Machine Learning und KI neue Möglichkeiten, um die Preisdurchsetzung zu optimieren und gleichzeitig die Kundenbindung zu erhöhen. 

Kontaktieren Sie uns gerne noch heute, um zu erfahren, wie auch Sie die Phase der Hochzinsen nutzen können, um Ihr Firmenkundengeschäft anzukurbeln.
 

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