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Zins-Schock durch Zölle: Warum „haben“ im Einlagengeschäft weiterhin besser als „brauchen“ sein wird

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Ein politischer Paukenschlag mit Folgen: Die neuen US-Zölle erschüttern die Zinsmärkte und machen die Steuerung des Einlagengeschäfts zur strategischen Herausforderung. Erfahren Sie, warum einseitige Prognosen jetzt gefährlich sind und wie Sie Ihre Bank mit einem klaren Steuerungshandbuch krisenfest machen.

Am 2. April 2025 verkündete US-Präsident Donald Trump auf der als „Liberation Day“ betitelten Pressekonferenz eine radikale Neuausrichtung der US-Zollpolitik. Zu den zentralen Elementen seiner Agenda zählt ein pauschaler Zollsatz von 10 % auf sämtliche Importe, begleitet von noch deutlich höheren Zollsätzen gegenüber einzelnen Handelspartnern, insbesondere China und der Europäischen Union. Wenngleich Donald Trump derartige Drohungen während seines Wahlkampfes immer wieder streute, schockte das potenzielle Ausmaß die Kapitalmarktakteure weltweit und führte zu teils heftigen Verwerfungen an den Aktien- und Anleihemärkten. Solche politischen Maßnahmen sind mehr als nur geopolitische Rhetorik – sie wirken wie externe Schocks mit direktem Einfluss auf volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen. Besonders für Banken mit regionalem Fokus, die traditionell einen höheren Anteil des Zinsüberschusses am Gesamtertrag im Vergleich zu Großbanken aufweisen, können sich aus derartigen externen Schocks schnell gravierende Auswirkungen auf die Ertragslage ergeben.

Kurzfristig betrifft dies immer unmittelbar das Kundeneinlagengeschäft, welches im Vergleich zum Kundenkreditgeschäft im Regelfall kürzere Durchschnittslaufzeiten aufweist und demnach schnellen Veränderungen ausgesetzt sein kann. Doch die Fähigkeit, Einlagenprodukte sinnvoll und strategisch zu steuern, ist in einem von Zöllen, Unsicherheiten und wechselnden Zinserwartungen geprägten Umfeld keine Routinetätigkeit:

Es ist eine strategisch anspruchsvolle Aufgabe, welche bei professioneller Herangehensweise zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden kann.

Volkswirtschaftliche Wirkungen von Zöllen

Zölle entfalten ihre Wirkung entlang mehrerer Kanäle – oft mit hoher Dynamik und schwer kalkulierbaren Folgeeffekten. Zunächst führen sie in der Regel zu höheren Importpreisen, was in vielen Ländern eine steigende Inflationserwartung zur Folge hat. Unternehmen geben die erhöhten Beschaffungskosten weiter, Konsumgüter werden teurer, die Kaufkraft sinkt. Zentralbanken stehen dann häufig vor dem Dilemma, mit Zinserhöhungen gegen die Inflation vorzugehen – mit der Gefahr, das Wachstum noch weiter abzubremsen. 

Seit der Verkündung der neuen US-Zollpolitik ist an den Anleihemärkten ein deutliches Signal erkennbar: Die Renditen für US-Staatsanleihen sind gestiegen, während sie in Deutschland und der Schweiz gesunken sind. Diese Entwicklung lässt sich als Misstrauensvotum der Kapitalmärkte gegenüber der US-Wirtschaftspolitik interpretieren. Investoren ziehen Kapital aus den USA ab und suchen Sicherheit in europäischen Kernländern – ein klares Zeichen für Kapitalflucht. Deutschland und die Schweiz bestätigen dabei einmal mehr ihre Rolle als sichere Häfen, was auch die gestiegene Nachfrage nach Bundesanleihen und Schweizer Staatsanleihen unterstreicht. Die Zinssenkungstendenz, die sich in Deutschland und der Schweiz in den letzten Monaten bereits am kurzen Ende der Zinskurve zeigte, hat sich dadurch beschleunigt und auf längere Laufzeiten ausgeweitet.

Zölle beeinflussen somit nicht nur die Handelsbilanz einzelner Länder, sondern wirken sich über Kapitalströme und Erwartungen direkt auf die Zinsstrukturkurve und das geldpolitische Handeln der Zentralbanken aus. Für Banken bedeutet dies: Die Zinslandschaft kann sich schnell, tiefgreifend und in verschiedene Richtungen verändern – abhängig davon, wie sich politische Ankündigungen realwirtschaftlich manifestieren. Zu den derzeit diskutierten Szenarien gehört insbesondere das sogenannte „Soft-Landing“ – das wir im folgenden Abschnitt näher betrachten.

Das wahrscheinlichste Szenario: Was ein „Soft-Landing“ für Banken bedeutet

Ein Soft-Landing beschreibt ein Szenario, in dem es einer Zentralbank gelingt, steigende Inflationserwartungen durch moderate geldpolitische Maßnahmen gezielt abzukühlen, ohne dass dies zu einer umfassenden Rezession führt. Die Inflation wird schrittweise reduziert, während das Wirtschaftswachstum auf niedrigem, aber positivem Niveau verbleibt. 

Aktuelle Renditebewegungen deuten zumindest in Europa auf ein derartiges Szenario als Folge der US-Zollpolitik hin: Während sich die Märkte in den USA auf anhaltende Unsicherheit und möglichen Inflationsdruck einstellen – was zu einem Anstieg der Renditen führte –, verzeichneten die Bundesanleihen und Schweizer Staatsanleihen zuletzt einen Rückgang der Renditen. Diese kapitalmarkttechnische Abstimmung mit den Füßen unterstreicht die wachsende Bedeutung sicherer Anlagehäfen im aktuellen Umfeld. In der Schweiz sind in einigen Laufzeitbereichen bereits wieder Negativrenditen beobachtbar. 

In einem Soft-Landing-Szenario wäre Folgendes wahrscheinlich: - In den USA würden Leitzinsen mittelfristig stabil bleiben oder leicht sinken; die Renditen gerade längerfristiger US-Staatsanleihen dürften sich annähernd seitwärts auf dem aktuellen Niveau von ca. 4,5 % im zehnjährigen Bereich entwickeln. - In Deutschland dürften Bundesanleiherenditen – unterstützt durch Kapitalzuflüsse – tendenziell weiter sinken. Zu erwarten wären Renditen knapp oberhalb des Inflationsziels der EZB von ca. 2 % am langen Ende der Zinsstrukturkurve - In der Schweiz ist aufgrund ihrer sicheren Hafen-Funktion weiterhin mit deutlich niedrigeren Renditen im Vergleich zu Deutschland zu rechnen.

Diese Erwartungen bilden zwar die gegenwärtig wahrscheinlichste Entwicklung ab – doch sie sind keineswegs garantiert.

Die Antwort auf Unsicherheit: Das strategische Steuerungshandbuch

Die Zollpolitik Trumps ist ein eindrückliches Beispiel dafür, wie schnell sich sicher geglaubte Zinsprognosen durch externe Schocks verändern können. Selbst wenn aktuell vieles auf ein Soft-Landing hindeutet, bleiben alternative Szenarien wie eine überraschende konjunkturelle Abkühlung („Hard Landing“), ein erneuter Inflationsschub oder geopolitische Eskalationen im globalen Handel realistische Risiken. 

Für Banken – insbesondere Institute mit regionalem Fokus – ergibt sich daraus eine zentrale Erkenntnis: Einseitige Strategien im Einlagengeschäft sind gefährlich. Wer sich mit Preis- oder Produktentscheidungen auf ein einzelnes Zukunftsszenario verlässt, läuft Gefahr, bei Abweichungen suboptimal zu agieren oder Marktanteile zu verlieren. 

Institute, die im Zuge der Zinswende zwischen 2022 und 2024 professionelle Steuerungsprozesse im Preis- und Produktmanagement auch im Einlagengeschäft etabliert haben, haben in den vergangenen Jahren zunehmend auf eine szenariobasierte Steuerung umgestellt. In gemeinsamen Projekten mit unseren Simon-Kucher-Experten wurden hierfür sogenannte Steuerungshandbücher entwickelt, die auf „Wenn-Dann“-Bedingungen beruhen. Sie ermöglichen es, frühzeitig strategische Maßnahmen zu definieren – je nach Marktentwicklung, Wettbewerbsumfeld oder Zinsszenario und folgen der Zielsetzung, auf möglichst viele, wenn nicht gar alle potenziellen Eventualitäten der Zukunft vorbereitet zu sein. 

Derartige Handbücher stärken die Fähigkeit der anwendenden Bank, schnell und strukturiert auf externe Veränderungen zu reagieren – etwa durch die Anpassung von Einlagenkonditionen, der Neupositionierung von Produktlinien oder die Aussteuerung gezielter Vertriebsimpulse zur richtigen Zeit.

Das Ergebnis: Eine deutlich höhere Flexibilität und Resilienz im Einlagengeschäft.

Fazit und Ausblick

Zölle sind kein rein geopolitisches Thema – sie beeinflussen über Inflation, Kapitalmärkte und Notenbankpolitik unmittelbar die Rahmenbedingungen für das Einlagengeschäft von Regionalbanken im DACH-Raum. Auch wenn ein „Soft-Landing“ aktuell als wahrscheinlichstes Szenario gilt, bleiben Abweichungen jederzeit möglich. 

Banken sollten sich daher nicht auf ein „wahrscheinliches“ Zinsbild verlassen, sondern mit klaren Strukturen auf unterschiedliche Szenarien vorbereitet sein. Das Einlagengeschäft erfordert heute mehr denn je strategische Voraussicht, methodische Steuerung und operative Umsetzungsfähigkeit.

Denn am Ende gilt:

„Haben“ – also vorbereitet zu sein – ist besser als „brauchen“ – wenn es eigentlich schon zu spät ist.

Sie möchten mehr erfahren? Bei vertiefenden strategischen Fragen zum Thema Zölle und Zinsen, wenden Sie sich gerne an unsere Experten von Simon-Kucher.

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